Hintergrund
Im Jahr 2022 kann Betzenhausen zurückblicken auf 1050 Jahre seit der ersten belegten, offiziellen Erwähnung. Anlass für uns, etwas ausführlicher auf diese lange Geschichte einzugehen.
Der Stadtteil von Freiburg heute
Einen solchen Rückblick hat es natürlich auch schon zu anderen Gelegenheiten gegeben: z.B. im Jahr 1973 mit der Festschrift zum Jubiläum von „1000 Jahren Betzenhausen“, damals verfasst von Dr. Franz Flamm. Sehr ausführlich ist auch der Rückblick in den Lokalnachrichten zum Jubiläum von „850 Jahre Freiburg“ von 1970. Erwähnt sei hier auch noch eine Beitragsserie, die zwischen Nov. 1976 und Aug. 1978 in unserem Stadtteil-Magazin „Bürgerblättle“ veröffentlich wurde. Auch dort hat man viele Ereignisse Aus der Geschichte von Betzenhausen zusammengetragen (bestehend aus insgesamt 19 Fortsetzungen). Zu allen genannten Ausarbeitungen könnte man berechtigterweise sagen, „sie seien ja lange her“: doch solche grundlegenden Erkenntnisse zur Historie eines Ortes wie Betzenhausen bleiben ja bestehen. Die genannten Ausarbeitungen sind am Ende unseres Beitrags eingebunden.
Die gesamte Geschichte von Betzenhausen seit erster nachgewiesener Erwähnung im Jahr 972 lässt sich sehr grob in vier Zeitblöcke unterteilen:
- 400 Jahre im Besitz des Klosters Einsiedeln und weiterer individueller “Herren” (ab 972)
- 400 Jahre im Besitz der Stadt Freiburg (ab 1381)
- 100 Jahre Selbstständigkeit als Landgemeinde im Großherzogtum Baden (ab 1806)
- 100 Jahre Stadtteil von Freiburg (ab 1908)
Wir gehen hier also zurück in die Vergangenheit eines alten Dorfes. Sicher hat diese Ortsgeschichte viel Gemeinsames mit anderen Gemeinden im Breisgau, aber speziell in der Geschichte von Betzenhausen sind auch viele individuelle Ereignisse zu finden. Wie schon bei „1000 Jahre Betzenhausen“ wollen wir nicht zu sehr auf die einstigen „Herren von Betzenhausen“ schauen, sondern mehr die Dorfbewohner im Auge behalten. Vielleicht kann ein solcher Rückblick ja auch „besinnlich machen und ermahnen, die Vergangenheit dieses schlichten Dorfes nicht zu vergessen und deren Lehren für die Zukunft zu bewahren“ (Dr. Franz Flamm).
Aber Logo…
Beginnen wir mit dem Wappen von Betzenhausen, das ja auch der Bürgerverein in schriftlichen Unterlagen verwendet. Es hat drei zentrale Elemente:
- Der linke Teil ist angelehnt an das rot-weiß-rote Habsburger Bindeschild und erinnert damit an die gemeinsame Geschichte mit Vorderösterreich.
- Rechts dürfte ein Rabe zu sehen sein und der dürfe wiederum einen Bezug herstellen zum Kloster Einsiedeln, zu dem Bezenhausen für über 250 gehört. Das Kloster hat im Wappen gleich zwei Raben, denn die haben laut einen alten Geschichte einst die Mörder von Eremit Meinrad aufgespürt.
- Unten rechts zu sehen ist eine blaue Pflugschar und die dürfte auf die Zeit von Betzenhausen als Dorf der Ackerbauern verweisen.
Über das Wappen haben wir auch gleich den passenden Einstieg in einzelne Themen aus Geschichte von Betzenhausen.
Nomen est Omen
Woher mag eigentlich der Name Betzenhausen stammen? Eine Frage, die man im Alltag eigentlich völlig vergisst. Zumindest im Rückblick auf die Geschichte von Betzenhausen für das Jubiläum „850 Jahre Freiburg“ hat sich der damalige Autor informiert und ist wie folgt fündig geworden:
„Betzenhausen, d.i. Hausen, Niederlassung des Bezzo (Koseform für Berthold) soll schon im 9. Jahrhundert von eben diesem Bezzo, einem Landmann, gegründet worden sein. Urkundlich wird es nach Bericht unseres Archivamtes zum ersten Male im Jahr 972 genannt als Besitztum des Klosters Einsiedeln in der Schweiz und hieß ursprünglich Betzohausen, später Betzenhausen.“
Andere Quellen gehen über Analyse des Names davon aus, dass die erste Siedlung hier wohl im sechsten Jahrhundert entstanden ist.
Verschenkt an das Kloster Einsiedeln (972)
Auszug aus Festschrift „1000 Jahre Betzenhausen“
Unsere Geschichte beginnt also in der Mitte des 10-ten Jahrhunderts: der schwäbische Graf Guntram war offensichtlich (als Lehen) im Besitz eines königlichen Kammergutes Riegel. Doch er geriet in einen Streit mit Kaiser Otto I. („Otto der Große“): Graf Guntram wurde wegen Hochverrats verurteilt und alle Ländereien wurden ihm entzogen. Stattdessen verschenkte Kaiser Otto I. das Riegeler Kammergut an das Kloster Einsiedeln in der Schweiz. Soweit erste Annahmen.
Entscheidend für die Geschichte Betzenhausens in nun eine spätere Kaiserurkunde mit Datum vom 14. August 972, die noch heute existiert und in der Betzenhausen explizit erwähnt ist. In dieser Urkunde wird vom nachfolgenden Kaiser Otto II. bestätigt, dass der Hof zu Riegel (zusammen mit vierzehn weiteren Ortschaften des Breisgaues im Herzogtum Alemanien) dem heiligen Ort mit dem Namen „Einsiedeln“ und den Brüdern geschenkt worden ist, die daselbst in mönchischem Wandel leben oder in Zukunft aufgenommen werden, um durch Gottesdienst ein angemessenes Leben zu führen. Geschenkt mit allem, was immer dazu gehört, mit Hörigen beiderlei Geschlechtes, Häuser, bebautes und unbebautes Land, Wiesen, Weiden und allem sonstigen. In der Liste der zugehöigen Ortschaften befindet sich „Bezenhusa“ und nebenbei auch „Deninga“, das heutige Teningen. Diese Kaiserurkunde ist somit das erste noch erhaltene Dokument über das Bestehen von Betzenhausen.
Bei weiterem Interesse: In der Festschrift zu „1000 Jahre Betzenhausen“ war auch diese Kaiserurkunde mit übersetztem Text abgedruckt, siehe Auszug aus der Festschrift (PDF).
Betzenhausen hatte es also schon damals als Ortschaft gegeben und es gehörte zum Altsiedelland des Breisgaues. In der kaiserlichen Urkunde ist zugleich die Erwartung ausgesprochen, dass „niemand sich anmaße, die Güter zu beeinträchtigen, darauf das Gesinde in irgend einer Angelegenheit zu zwingen oder ihren Familien nach innen oder außen Unrecht zu tun und ihnen das ihrige streitig zu machen oder denen, die auf immer Hörige der genannten Brüder sind, die Güter zu entziehen oder zu versperren„. Getreu dieser Schenkungsurkunde haben in nachfolgenden Jahrhunderten sicher nicht alle „Herren von Betzenhausen“ gehandelt.
Die Güter, die das Kloster Einsiedeln danach hier im Breisgau besaß, wurden vom königlichen Kammergut zu Riegel zusammengehalten und von dort auch verwaltet. Im Einkunftsverzeichnis von 1220 sind noch Abgaben von Betzenhausen verzeichnet. Es muss also mindestens 250 Jahre zum Kloster Einsiedeln gehört haben. Der Einsiedelnweg erinnert an diese Zeit.
Ein Kaufobjekt von Hand zu Hand
Im Laufe des 12. und 13. Jahrhunderts zerfiel das Riegeler Kammergut; die zugehörigen Ortschaften wurden zerstückelt bzw. unter neuen Herren aufgeteilt. So geht Betzenhausen (und auch Lehen) zunächst für einige Jahrzehnte an die Grafen von Freiburg. Allerdings waren diese im Jahr 1350 so überschuldet, dass sie Betzenhausen an die Freiburger Bürgerstochter Agnes Hellerin übergeben mussten. Dann folgten in recht kurzen Abständen weitere Besitzer wie das Predigtkloster, Mehrerkloster, Ritter Hesso Snewlin, Haus Falkenstein sowieRitter Martin Malterer. Das Jahr 1381 markierte das Ende dieser Phase, in der Betzenhausen im Privatbesitz einzelner Herrenhäuser war. Das Dorf gelangte noch für wenige Monate in die Hände von Franz Geben-Silgstein, Sohn des vormaligen Besitzers Johann Geben-Sigstein (ein Freiburger Patrieziergeschlecht).
Nach der Einsiedeln-Herrschaft war Betzenhausen für etwa 150 Jahre als Kaufobjekt von Hand zu Hand gewandert. Die Bewohner des Dorfes sahen sich also immer neuen Grundherrschaften gegenüber, denen sie abgabepflichtig waren. Wie es ihnen erging, wie sie lebten und welche Lasten sie trugen, davon berichten bisher bekannte Dokumente nicht.
Die Stadt Freiburg als Grundherrin (ab 1381)
Im Laufe der Zeit waren die Bürger der Stadt Freiburg es leid, Untertanen des Grafen von Freiburg zu sein. Im Jahr 1368 hatte man sich losgekauft und lieber der habsburgisch-vorderösterreichischen Landesherrschaft untergestellt: offenbar war das Selbstbewusstsein der Bürger und der Wille zur Selbstbehauptung mächtig gewachsen.
Und Freiburg hatte sich auch schon damals die Erweiterung ihres Territoriums zum Ziel gesetzt. Die erste von der Stadt Freiburg durch Kauf erworbene Ortschaft war Betzenhausen. Am 25. Mai 1381 verkaufte Franz Geben-Sigstein, an den noch heute die Sigsteinstraße erinnert, das Dorf an die Stadt Freiburg, die jetzt ihren Herrschaftsbereich ganz erheblich nach Westen verschieben konnte. Dann folgte der Kauf einer Reihe von Ortschaften des Dreisamtales, die der Talvogtei Kirchzarten unterstellt wurden, und Anno 1587, somit fast 200 Jahre später, kam auch das Dorf Lehen dazu.
Die Eingliederungspolitik der Stadt Freiburg nahm bereits vor über 600 Jahren ihren Anfang mit dem Erwerb von Betzenhausen. Doch damals wurden die Bauern nicht gefragt; es gab noch keinen Bürgerentscheid wie heute. Mit dem Kauf des Dorfes wurden sie einverleibt als Untertanen, die mit dem vorgesetzten Vogt den Untertaneneid schwören mussten. Das Wohl der Stadt und ihrer Bürger, nicht das Wohl der Bauern, stand zur Debatte. So sprechen auch manche Tatsachen dafür, dass die Bevölkerung von Betzenhausen sich in diesen Jahrhunderten nicht des besonderen Wohlwollens der Stadtherren erfreuen konnte.
Ganze 425 Jahre dauerte die Grund- und Ortsherrschaft der Stadt Freiburg über Betzenhausen: Erst 1806 wurde das Dorf selbständige Landgemeinde (siehe weiter hinten).
Als auch Herdern im Jahr 1457 zur Stadt kam und die dortigen Bewohner den Freiburger Bürgern in den Zünften gleichgestellt wurden, als man ihnen die freie Vogtswahl zugestand und sie vom „Erschatz und Fall“ befreit wurden (jener besonders drückenden Last beim Güterwechsel), da hatten auch die Betzenhausener Bauern gehofft, dass sie gerechterweise gleichbehandelt würden. Doch sie hofften vergebens: Die „Stadtluft, die frei macht“, wehte seinerzeit nicht nach Betzenhausen. Noch bis ins 19. Jahrhundert wurde den Dorfbewohnern das Bürgerrecht verwehrt und sie blieben Untertanen. Sie mussten sogar den Freiburgern Torzölle bezahlen.
Obwohl die Banngrenze bis zum Mooswald reichte, erhielt Betzenhausen keinen eigenen Wald von der Stadt zur Nutzung: Die Stadt Freiburg hatte den Mooswald von Anfang an allein für sich beansprucht. Die Betzenhausener Bauern erhielten nur ein Weidrecht im Mooswald und Rotlaub zugestanden. Als eine besondere Vergünstigung gab es den verbilligten Holz- und Salzkauf von der Stadt. Betzenhausens eigener Boden war damals wenig ertragreich. Doch der große und kleine Zehnte sowie „Erschatz und Fall“ mussten entrichtet werden. Die Bauern mussten Frondienste für die Grundherren leisten. Der Weg vom Bauern zum Bürger war noch weit weg.
Im Zeichen des Bundschuh (1513)
Es kam die Zeit (Anfang der 1500-er Jahre), in der Bauern sich ihrer schlechten Lage immer mehr bewusst wurden. Im Elsass und in der Schweiz, im Frankenland, Unterland und Schwarzwald gährte es schon in den beiden ersten Jahrzehnten vor dem großen Bauernkrieg. Die Bauernbewegung begann und sie machte vor Lehen und Betzenhausen nicht Halt. Als Joos Fritz aus Untergrombach als Bannwart in Lehen angestellt wurde, hatte er schon seine Erfahrungen als Führer der Bauernbewegung im Zeichen des Bundschuh, einem Sinnbild für den Kampf des Bauernstandes für Freiheit und Recht. Im Lehener Bundschuh suchte er erneut, seine Ideen zu verwirklichen und fand auch Anhänger bei den Bauern in Betzenhausen. Da aber die Bauern weder beim Landesherrn, noch bei den Grundherren und den Stadtbürgern Gehör fanden, begannen sie sich zu solidarisieren und dann auch in den Untergrund zu gehen.
Ihr geheimes Kennwort war „Grüß Gott dich Gesell, was ist nun für ein Wesen – Der arme Mann mag in der Welt nit genesen“. Doch weder der Lehener Bundschuh von 1513, noch der große Bauernkrieg im Jahr 1525, vermochten es, die alte feudale Gesellschaft zu verändern!
Unter denen, die an der nächtlichen Verschwörung auf der Hartmatt im September 1513 teilgenommen hatten, befanden sich auch Betzenhausener Bauern. Nach dem Verrat eines geheimen Plans wurden dreizehn Verschworene in Freiburg hingerichtet, darunter auch drei Betzenhausener Bauern. Den anderen Bauern von Lehen und Betzenhausen wurde zur Strafe von der Stadt Freiburg im Jahr 1514 der Weidgang entzogen, da der „mördlich Handel“ bei ihnen entsprungen sei. Erst auf einen demütigenden Bittgang hin, hat die Stadt den Weidgang wieder gestattet, aber nur gegen eine Abgabe.
Die zwölf Artikel des Bundschuh, für die die Bauern starben, gehören heute fast ausnahmslos zu den gesetzlich geschützten Rechtsgütern unserer Gesellschaft. Leibeigenschaft und Fron sind aufgehoben, der Zehnte sowie „Erschatz und Fall“ sind beseitigt, Jagd und Fischfang sind keine Reservate der Herren und die willkürliche Bestrafung ohne Gesetz ist untersagt. Nicht nur im Grundgesetz, auch in der UNO-Charta über die Menschenrechte und Grundfreiheiten sind Rechte verbrieft, für welche die Bauern gestritten hatten. Erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts wurden ihnen grundlegende Rechte und Freiheiten gewährt.
Die Bundschuhstraße und die Bundschuhhalle in Lehen erinnern an das Unternehmen des Lehener Bundschuh zur Befreiung der Bauern. Siehe weitere Ausführungen in unserem Beitrag „Der Bundschuh in Lehen„. Im Jahr 2013 (also 500 Jahre nach dem Aufstand) wurden die damaligen Entwicklungen in einer Sonder-Ausstellung gewürdig: Siehe unseren Beitrag zu 500 Jahre Bundschuh-Aufstand .
Erstmals eine freie Landgemeinde (ab 1806)
Im Jahr 1806 endetete der dritte Koalitionskrieg zwischen dem Napoleon in Frankreich und einer Koalition europäischer Großmächte mit dem Friedenschluss (bzw. Friedensdiktat) von Pressburg. Folge war, dass mehrere Reichsfürsten im Südwesten aus dem Verband des Deutschen Reiches austraten. Somit erfolgte am 15. April 1806 auch die förmliche Übergabe des Breisgaues an das Kurfürstentum und spätere Großherzogtum Baden: damit endete auch die grundherrschaftlichen und ortsherrschaftlichen Rechte der Stadt Freiburg. Betzenhausen wurde endlich eine freie Landgemeinde.
Die Gemeindeordnung von 1831 räumte den Gemeinden das Selbstverwaltungsrecht ein, damals noch auf der Grundlage der Bürgergemeinde: Jetzt gab es gewählte Gemeinderäte in Betzenhausen, eine „echte“ Gemeindeverwaltung und ein Rathaus (gebaut 1853). Anstelle des vorgesetzten Vogtes trat der gewählte Bürgermeister. Aus dem Heimburger, jenem Vermittler zwischen der Grundherrschaft und den Bauern in Sachen der Abgaben, wurde der Gemeinderechner. Dazu kamen Ratsschreiber, Hebamme und der Bannwart. Das Rathaus von Betzenhausen lag an der früheren Lehener Straße (heute etwa Sundgauallee 69): nach der Eingemeindung wurde das Gebäude eine städtische Dienststelle. Den zweiten Weltkrieg hat es noch einigermaßen überstanden, ging danach in Privatbesitz und wurde am Ende abgerissen für den Ausbau der Sundgauallee (wie einige andere Häuser).
Obwohl Betzenhausen jetzt eine selbständige Gemeinde war, vergingen noch Jahrzehnte, bis die alten grundherrschaftlichen Abgaben abgeschüttelt und die volle Gleichberechtigung mit den Stadtbürgern erreicht wurde. Die Fronlast mussten noch die Freiburger Herren unter dem Druck des reformfreudigen Kaisers Franz Josef II. ablösen. Mit dem Zehntablösungsgesetz vom 15. November 1833 erfolgte auch für Betzenhausen die Ablösung des Zehnten. Damals gab es in Betzenhausen noch sechs Zehntherren, denen die Betzenhausener Bauern mit fast 800 Jauchert zehnpflichtig waren. Die Ablösung erfolgte mit einem Ablösungskapital von rund 16 000 Gulden über die Zehntschuldentilgungskasse Karlsruhe. 1863 war die letzte Rate Zehntablösung getilgt und der jahrhundertelange Zehnt fand damit ein Ende. Der Zehntsteinweg mag nicht nur an das alte Gewann erinnern, sondern auch an das drückende Abgabesystem, das einst den Bauern manchen Kummer machte und manchen Streit mit dem Vogt und dem Gericht bereitete.
Aus dem einst verbilligten Holzkauf aus dem Mooswald ist der Bürgernutzen geworden. Doch die Freiburger Stadtverwaltung wollte kein Gabholz aus dem Mooswald bewilligen, nachdem Betzenhausen selbständig wurde. Es gab einen regelrechten „Holzkrieg“ und Betzenhausen musste jahrelang um das Gabholz prozessieren, bis endlich eine Einigung zustande kam. Mit dem Aussterben der letzten Gabholzberechtigten ist auch die Holzgeschichte zu Ende. Heut schwer vorstellbar, welche Sorgen die Dorfbewohner zur Sicherung des Brenn- und Zimmerholzes hatten.
Ein Stadtteil von Freiburg (ab 1908)
Postkarte mit Bild von Betzenhausen (vermutlich 1918)
Am 1. Januar 1908 wurde Betzenhausen zu Freiburg eingemeindet. Aber diesmal haben die Betzenhausener „mitgemischt“ durch einen Bürgerentscheid, anders als im Jahr 1381, als sie aufgrund über den Kaufvertrags mit dem Haus der Sigsteiner wie Zubehör einverleibt wurden. In der Gemeindeversammlung vom 26. Sept. 1907 stimmten 41 von 43 stimmberechtigten Betzenhausener Bürgern dem Anschluss an die Stadt zugestimmt. Zu dem Zeitpunkt waren die Betzenhausener ja schon über hundert Jahre freie Gemeindebürger: offenbar haben Sie der Stadt Freiburg die vormals wenig freundlichen Gemeindepolitik nicht mehr nachgetragen.
Wie Betzenhausen seinerzeit ausgesehen hat, zeigt ansatzweise das Bild rechts von einer früheren Postkarte: zu sehen ist die Lehener Straße (heute Sundgauallee) mit Bäckerei und Kolonialwarenhandlung Ritt (Gebäude vorn rechts), danach das Feuerwehr-Spritzenhaus (direkt dahinter) und den alte „Bären“ recht weiter rechts im Hintergrund.
Ganz umsonst hat Betzenhausen die Selbständigkeit nicht aufgegeben: welche Freude mag es gewesen sein, als fünfzehn Erdöllampen das Dorf beleuchteten, die Wasserleitung und das elektrische Licht kamen, der Bau des ersten eigenen Schulhauses an der Hofackerstraße Wirklichkeit wurde (heutige Gerhard-Hauptmann-Schule) und Betzenhausener Schulkinder damit nicht mehr Schulgäste in Lehen sein mussten. Der ausdrückliche Wunsch Betzenhausens auf Anschluß an die elektrische Straßenbahn wurde freilich lange Zeit entäuscht (erst am 1983). Doch zumindest verkehrte ab dem 6. Sept. 1926 dank der Bemühungen des Ortsvereins erstmals der Omnibus Freiburg – Betzenhausen.
Zum Jubiläum „90 Jahre Zugehörigkeit zur Stadt Freiburg“ im Jahr 1998 gab es ein Sonderheft unseres Stadtteil-Magazins „Bürgerblättle“ mit vielen weiteren Details zur Eingemeindung.
Betzenhausen-Bischofslinde (1963)
Auf dem alten Gewann „Bei der Kapelle“, wo das Sandsteinfragment eines Kreuzes in der Mauernische an den Platz erinnert, an dem Konrad von Lichtenberg fiel, hatte über Jahrhunderte eine große Linde gestanden: sie aber zwischenzeitlich einem Sturm zum Opfer gefallen. Dort pflanzte Oberbürgermeister Dr. Keidel am 29. Mai 1963 eine neue Linde als Zeichen für eine neuentstehende Siedlung. Daraus ist ein beachtlicher Stadtbezirk geworden, der folgerichtig den Namen Betzenhausen-Bischofslinde trägt. Die neben dem Bischofskreuz errichtete katholische Pfarrkirche St. Albert mit seiner modernen und viel gerühmten Architektur ist in gewisser Weise zum Wahrzeichen des Stadtbezirks Betzenhausen-Bischofslinde geworden.
Zum Bezirk gehört seit den 1960-er Jahren auch eine Studentensiedlung (StuSie), die im Laufe der Zeit immer weiter ausgebaut wurde. Nach den letzten Erweiterungen ab ca. 2018 dürfte es am Ende die größte Studentensiedlung in Deutschland sein.
Seit den frühen 1920-er Jahren förderte man im Bereich des heutigen Flückigersees schon Sand und Kies; teilweise aber wieder zugeschüttet z.B. mit Trümmern von Freiburg nach dem Weltkriegs. Aber Ende der 1970-er Jahren hatte die Besiedlung des Gebietes bereits so zugenommen (Bischofslinde, StuSie), dass ein weiterer Kiesabbau kaum noch sinnvoll erschien. So entstanden Ideen, das Gelände in einen Park für die westlichen Stadtteile zu verwandeln. Die Landesgartenschau 1986 war dafür genau der richtige Anlass.
Alt und Neu
Noch ist der alte Dorfkern von Betzenhausen sichtbar und zeugt zumindest in Ansätzen den über Tausend Jahren der Geschichte des Dorfes und seiner Menschen. Aber er ist eingekreist von neuzeitlicher Architektur, so manches alte und früher vertraute Bild ist Vergangenheit. Nur weniges von Alt-Betzenhausen ist erhalten geblieben und so gibt es nur wenig Zeugnisse von der Existenz des Dorfes, das schon zum Breisgauer Altsiedelland gehörte: das erzählen könnte von dem langen und mühsamen Weg der Dorfbewohner von den „immer Hörigen“, wie sie in der kaiserlichen Schenkungsurkunde von 972 genannt werden, bis zu freien Bürgern!
Die St. Thomas Kirche
Am Schnittpunkt der alten Verbindungswege nach Hartkirch und Freiburg stand die Kapelle St. Thomas, die Anfang des 19. Jahrhunderts zur heutigen Kirche St. Thomas ausgebaut wurde. Sie war stets Filialkirche: Zuerst zu Lehen gehörend, einer der ältesten Pfarreien des Breisgaues, wurde sie dann (vermutlich um 1380) der Pfarrkirche St. Peter in der Lehener Vorstadt zugeordnet. St. Peter wurde anno 1677 zerstört und die Lehener Vorstadt fiel mit anderen Vorstädten von Freiburg den Vaubanschen Befestigungen zum Opfer. Daraufhin wurde St. Thomas wieder Filiale der Lehener Pfarrkirche; seit 1938 gehört sie zur Pfarrkirche „Heilige Familie“. Auf dem Friedhof von St. Peter musste Betzenhausen über 300 Jahre lang seine Toten bestatten. Auf dem Merianplan ist der alte Friedhof von St. Peter deutlich zu erkennen.
Die schlichte Barockkirche St. Thomas mit dem mittelalterlichen markgräflichen Turm ist noch heute Wahrzeichen und örtlicher Mittelpunkt von Alt-Betzenhausen und man sollte hoffen, dass es auch so bleibt (für mehr Hintergründe siehe unseren Beitrag zur St. Thomas Kirche).
Der Dorfbrunnen vor der Kirche erinnert an die Eingemeindung im Jahre 1908 und wurde auch genau in diesem Jahr aufgebaut als Zeichen für den Anschluss an die Wasserversorgung von Freiburg (siehe Hinweise, die weiter unten noch folgen). Das Bandenschild neben dem Ortswappen am Brunnenstock ist Zeichen der jahrhundertlangen Zugehörigkeit Betzenhausens zur habsburgisch-vorderösterreichischen Landesherrschaft.
Kriegerische Zeiten
Wie manche Nachbar-Gemeinden von Freiburg musste auch Betzenhausen immer wieder schwere Kriegsnöte durchstehen: Kein Wunder, lag es doch im westlichen Vorfeld der über Jahrhunderte häufig umkämpften Stadt.
Schon 1299 spielte sich auf Betzenhausens Gemarkung ein kriegerisches Ereignis ab, das erstmals den Namen des kleinen und stillen Dorfes Betzenhausen weithin bekannt machte und an das heute das Bischofskreuz erinnert. An diese Schlacht der Freiburger Bürger gegen Konrad von Lichtenberg und weitere Auseinandersetzungen erinnern wir in unserem Beitrag Kriegerische Zeiten.
Krieg und Kriegsnöte gingen also auch an Betzenhausen nicht vorüber. Bleibt aber noch nachzutragen, dass dort, wo heute das mächtige Gebäude der Oberpostdirektion Südbaden steht, nach dem Weltkrieg 1939/45 in dreizehn Holzbaracken das Landesdurchgangslager für Vertriebene und Flüchtlinge untergebracht war. Über 26 000 Menschen fanden dort nach Flucht und Vertreibung Aufnahme und warteten auf eine neue Heimat. Im Übergangswohnheim an der Idinger Straße, welches das Lager ablöste, trafen noch lange Spätaussiedler aus dem Osten und Südosten ein.
Die alte Gemarkung von Betzenhausen
Ausschnitt Korntawerplan 1608
Wir haben bisher versucht, über das Leben der Menschen in Betzenhausen in der Geschichte des Dorfes zu berichten. Nun müssen wir noch kurz erwähnen, was aus der alten Gemarkung selbst geworden ist: Denn nach dem Gemarkungsplan von Korntawer aus dem Jahr 1608 verlief Betzenhausens Banngrenze vom Mooswaldrand, vorbei am Ostausgang Lehens in südlicher Richtung über die Dreisam bis zum St. Georgener und Haslacher Bann und bis zur Höhe der Haslacher Mühle. Von dort etwa entlang des heutigen Runzmattenweges und der Grenzstraße, die nach der Banngrenze ja den Namen trägt, zur heutigen Falkenberger Straße bis wieder zum Mooswald.
Noch kurz zum Korntawerplan selbst mit den Gemarkungen des Jahres 1608: er hat eine Breite von über 4 Metern und das Original befindet sich im Besitz des Augustinermuseums von Freiburg (siehe Dokumentation dort). Eine Kopie in Orginalgröße ist in der Meckel-Halle der Sparkasse Freiburg zu sehen.
Auf dem nordwestlichen Teil der alten Gemarkung liegt heute der Stadtteil „Mooswald“, der freilich nach Osten über die alte Banngrenze Betzenhausens hinausreicht und das einstige Gewann Rotlaub bis hinauf zum „Heidenhof“ mit umfasst, der alten Einkehr der Bauern vom Kaiserstuhl und vom Elsaß auf dem Weg von und zur Stadt. Der übrige Teil der alten Gemarkung diesseits der Dreisam trägt noch den Namen Betzenhausen als Stadtteil mit den beiden Stadtbezirken Alt-Betzenhausen und Betzenhausen-Bischofslinde.
In der Brandschatzung von 1525 sind die Häuser verzeichnet, die am alten Verbindungsweg von Lehen nach Hartkirch (St. Georgen), der heutigen Dietenbachstraße, gelegen haben. Im Korntawerplan sind es 13 Häuser in Betzenhasuen, was auch durchaus realistisch sein mag. Erst im 18. Jahrhundert wuchs das Dorf längs der Lehener Straße und der Tränkestraße, dem alten Freiburger Weg (einst auch Eschholzweg genannt).
Bei Betrachtung der Gemarkungsgrenzen darf natürlich auch ein Hinweis auf die Dreisam nicht fehlen, die früher weit mehr als heute das Leben im Bauerndorf Betzenhausen bestimmte. Das gilt insbesondere für die Zeit vor der Regulierung: dabei geht es z.B. um Fischfang, um das Betreiben von Mühlen per Wasserkraft; aber es geht vor allem auch um häufige und lang andauernde Überschwemmungen, die ganze Ernten vernichten konnten. Das zugehörige sumpfige Umfeld war nebenbei auch noch Nährboden für Krankheiten. Mit der Dreisam-Regulierung (ca. 1822 bis 1845) änderten sich die Lebensverhältnisse grundlegend: die Gefahr von Überschwemmungen wurde zum großen Teil gebannt; Wiesen und Äcker wurden ertragreicher; neue Gebiete im Flußbereich konnten erstmals landwirtschaftlich genutzt werden. Aber es gab auch Nebenwirkungen: so sank der Grundwasserpegel im Laufe der Zeit immer mehr und die Wasserversorgung über vorhandene Brunnen war nicht mehr sichergestellt. Deshalb war der Anschluss an das Freiburger Wasserleitungsnetz auch ein zentrales Themen bei den Verhandlungen zur Eingemeindung zum Jahr 1908. Der Brunnen vor der St. Thomas Kirche erinnert noch heute daran. Für mehr Hintergründe siehe unseren Beitrag zu 200 Jahre Dreisamregulierung.
Weiterführende Links:
Im Beitrag hier stützen wir uns auf Texte, die schon für frühere Ausarbeitungen des Bürgervereins zusammengestellt wurden. Manche Texte haben wir übernommen, dem heutigen Sprachgebrauch angepasst, teilweise ergänzt und mit geeigneten Kapitel-Einteilungen versehen. Die aus den früheren Ausarbeiten übernommene Texte sind nicht explizit als Zitat markiert: Die historische Aufbereitung der Originalquellen soll auch weiterhin als das Werk der früheren Autoren gelten.
Beitrag Zur Geschichte von Betzenhausen (PDF) in den Lokalnachrichten zu „850 Jahre Freiburg im Breisgau“ (Aug 1970, Bürgerverein Betzenhausen).
Beitrag zur Geschichte von Betzenhausen (PDF) in der Festschrift zum Jubiläum „1000 Jahren Betzenhausen“ (Juni 1973, Dr. Franz Flamm).
Auch im Sonderheft „90 Jahre Zugehörigkeit zur Stadt Freiburg“ von 1998 hatte Harald Albiker die Geschichte von Alt-Betzenhausen ausführlich niedergeschrieben. ´
Schon in den Jahren 1976 bis 1978 wurde in einer langen Beitragsreihe des Bürgerblättle berichtet Aus der Geschichte von Betzenhausen (Ingrid Pult).
Unser Beitrag über den Kultur-&Geschichtskreis mit Hinweis auf die Unterlagen von Dr. Franz Flamm.
Hinweis auf Projekte im Kultur-&Geschichtskreis (z.B. Bundschuh-Aufstand und Hintergründe zum Bischofskreuz).
Eine komplette Sammlung von Beiträgen mit historischem Hintergrund hier auf unserer Web-Seite .
Zum Schluss hier noch ein Hinweis auf eine Kurzform der Geschichte von Betzenhausen, die wir schon aus anderem Anlass erstellt hatten.
Die Redaktion