Geschichte der Störche in Betzenhausen

Der Bürgerverein arbeitet ehrenamtlich, um das Nest der Weißstörche auf dem Turm der St. Thomas Kirche in Alt-Betzenhausen instandzuhalten und dort eine Kamera/WebCam zu betreiben (seit 2011): es ist übrigens eine von ganz wenigen WebCams in Freiburg.

Auch im Bürgerblättle berichten wir regelmäßig über die Entwicklung der Störche in Betzenhausen (z.B. Ausgabe 233, Aug./Sept. 2015 und 262 Aug./Sept. 2020).


Der Weißstorch als bedrohte Tierart

Der Weißstorch (Adebar) stand lange Zeit auf der Liste bedrohter Tierarten. Gleichzeitig ist für kaum eine Vogelart die Bestandsentwicklung so gut dokumentiert wie beim Weißstorch. Ein paar bundesweite Zahlen: im Jahr 1934 wurden auf dem Gebiet der heutigen Bundesrepublik Deutschland rund 9.000 Brutpaare gezählt, im Jahr 1988 ergab eine Bestandserhebung gerade noch 2.949 Brutpaare. Danach hat sich der Bestand aber dank intensiver Schutzbemühungen wieder erholt: 1994 wurden bundesweit 4.155 Brutpaare gezählt, 2017 waren es schon 6.756 Brutpaare (Quelle: LUBW Karte des Monats vom 29.05.2020).

Mitte der 70er Jahre gab es in Baden-Württemberg nur noch 15 Weißstorch-Paare und davon keines mehr in unserer Region: der Bestand war auch hier seit Beginn der 50er Jahre kontinuierlich zurück gegangen. Im Jahr 2002 wurden dann aber schon wieder rund 200 Brutpaare gezählt, was etwa dem Stand der 1950er Jahre entsprach. Im Jahr 2019 belegten in Baden-Württemberg schon wieder 1.334 freifliegende Weißstorch-Paare ein Nest (davon allein ca. 130 Paare im Breisgau; an der Spitze stehen die Kreise Karlsruhe und Ortenau).

Innerhalb der letzten 10 Jahren (von 2010 auf 2020) hat sich die Zahl der Brutpaare sogar verdoppelt (siehe Statistik hier). Zu dieser schönen Entwicklung hat auch das Nest auf dem Turm der St. Thomas Kirche seinen kleinen Beitrag geleistet.

Wie das Lebensjahr eines Storchs typischerweise aussieht, haben wir in einem eigenen Beitrag unter dem Titel “Das Jahr der Störche” zusammengefasst.

Der Weißstorch bevorzugt ein Leben in Flussniederungen mit Feuchtwiesen und Teichen sowie landwirtschaftlich extensiv genutztes Grünland. Alles weitere zu seinen Lebensgewohnheiten beschreibt der Verein Weißstorch Breigau unter dem Titel Vogel dreier Kontinente.

Das Storchennest in Betzenhausen

Der Storchenhorst auf dem Turm der St. Thomas Kirche in Betzenhausen hat eine lange Tradition, beherbergt aber nicht jedes Jahr ein Storchenpaar. Bereits 1827 wurde eine Storchenbrut im Rahmen der badischen Landesvermessung dokumentiert. Das Nest war 1870, in den Jahren 1911-1913 und weiterhin bis 1951 besetzt. Nach mehrjährigem Ausbleiben gab es noch 1955 und dann 1963 eine letzte Brut. Danach brach die Storchenpopulation deutschlandweit zusammen: Ursache waren wohl die weitreichenden Veränderungen der Landschaft und der damit verbundene Verlust an Lebensraum (z.B. durch Flurbereinigungen und die Entwässerung von Feuchtgebieten).

1980 wurde dann wieder ein Storch im Bürgerblättle protokolliert. Um Störche weiterhin anzulocken, wurde im Jahr danach ein neuer Nistkorb eingerichtet. Initiator war der Deutschen Bund für Vogelschutz, ein Vorläufer vom heutigen Naturschutzbund Deutschland (Nabu).  Das Nest hatte man bei einem Korb-Flechter aus Schleswig-Holstein anfertigen lassen; die Feuerwehr sorgte für den Transport nach oben. Sogar die lokale Presse berichtete über dieses Ereignis.

Aber das reichte nicht aus: vorerst blieb das Nest unbewohnt, genauso wie andere Nester in der Umgebung. Also versuchte man es Ende der 80er Jahre mit Auswilderung einige Jungtiere in unserer Region: beteiligt an dieser Initiative war u.a. der Tierfilmer Hagen Späth, der später auch Mitbegründer des Vereins “SOS Weißstorch” wurde. In den Folgejahren  dann der Erfolg: ab 1989 mit einem Brutpaar und 4 Jungen fanden fast durchgängig Störche ihr Zuhause in Betzenhausen und fast immer hat auch Nachwuchs überlebt; in Einzelfällen sogar mit fünf Jungvögeln. Von 1989 bis 2020 sind in Betzenhausen 59 Jungstörche ausgeflogen.

Die Wiederansiedlung ist also gelungen und im Mai 2009 erhielt die Kirche St. Thomas dafür die Nabu-Plakette “Lebensraum Kirchturm”: entgegen genommen vom Pfarrer der Gemeinde Heilige Familie. Beim jährlichen Hock in Betzenhausen wurde das zugehörige Weinglas auch schon mal mit einem passenden Bild der Störche verschönert.

Siehe auch weitere Impressionen und Geschichten aus den letzten Jahren. Nicht weit entfernt vom Storchennest steht die imposante Gaskugel von Betzenhausen: Und da gibt es durchaus Verbindungen (siehe Störche und die Gaskugel).

Weißstorch Breisgau e.V.

Weiteren Informationen, speziell über die allgemeine Entwicklung der Weißstörche im Breisgau, ist beim Verein “SOS Weißstorch” zu finden, der sich nach den genannten Erfolgen umbenannte in Weissstorch Breisgau e.V.: der Verein sorgt u.a. dafür, die Jungstörche im Alter von 4 bis 6 Wochen einen beringt werden. Dabei wird ein Kunststoffring am Bein befestigt; dort ist eine individuelle Nummer eingetragen, mit deren Hilfe die Störche schon mit einem Blick durchs Fernglas oder Spektiv identifiziert werden können. Der Ring ist leicht und stört die Tiere in keiner Weise, hilft aber bei Forschungsarbeiten: so lässt sich z.B. nachvollziehen wo und mit welchem Partner die Störche brüten, wann sie ihre Reise nach Afrika antreten oder zurückkommen.

Der Verein betreibt in Reute eine Pflegestation, in der auch schon Jungstörche aus Betzenhausen versorgt wurden (z.B. im Jahr 2019 nach einem voreiligen Flugversuch).

Weissstörche aus dem Breisgau gehören zu den Westziehern, d.h. für ihr Winterquartier fliegen sie südwärts über Frankreich nach Spanien und Portugal, ggf. auch weiter über Gibraltar nach Westafrika; manche sogar zum Nigerdelta (siehe Infos des Nabu unter dem Titel “Ein Vogel auf Weltreise”). Bei Interesse an den Flugrouten unserer Störche: einige Tiere aus dem Breisgau tragen inzwischen kleine Sender. Über die App “Animal Tracker” lässt sich erkennen, wohin deren Reise in den Süden geht.  Einen Sender haben insbesondere diejenigen Störche erhalten, die in der Aufzuchtstation in Reute betreut werden mussten: so möchte man u.a. erkennen, ob sie andere Routen wählen als die frei fliegenden Störche.

Bei dieser Gelegenkeit auch ein Blick auf weitere Nester im Bereich von Freiburg (laut Infos der Stadt 2020). In Freiburg gibt es insgesamt 26 Nester. Davon allein 15 auf dem Mundenhof, alle besetzt mit Brutpaaren und 33 Jungstörchen als Nachwuchs. Riegel hat 12 Nester, in Reute liegen 14 Nester auf zwei Ortsteile verteilt.