Geschichte zum Bezirk Bischofslinde

Vorgeschichte

Der Bezirk Bischofslinde lag schon früher auf den Gemarkungsgrenzen des Dorfes Betzenhausen.

Auf diesem Gelände fand 1299 ein bemerkenswertes Gefecht statt, das für die gesamte Entwicklung von Freiburg wichtig sein dürfte: Der kriegerische Bischof von Straßburg (Konrad von Lichtenberg) wurde in dieser Schlacht durch einen Freiburger Metzger names Hauri verletzt wurde und starb kurze Zeit später daran. Die beteiligten Soldaten stellten darauf den Kampf ein, so dass mit dem Tod des Bischofs auch die Schlacht um Freiburg beendet war. Zum Gedenken an dieses besondere Ereignis wurde ein Steinkreuz/Sühnekreuz aufgestellt (das Bischofskreuz), neben dem über Jahrhunderte eine Linde wuchs (folglich Bischofslinde genannt). Für weitere Hintergründe siehe Das Bischofskreuz und seine Geschichte.

An die Bürger von Freiburg, die ihre Stadt damals so tapfer verteidigt hatten, wurde offensichtlich weniger gedacht oder zumindest nicht direkt. Indirekt wurde das Bischofskreuz auch zum Zeichen wachsender Eigenständigkeit städtischer Gemeinschaften (z.B. über die Zünfte) als Gegenpol zu den Adligen jener Zeit.  Mit der gewonnen Schlacht gab es erst mal Ruhe: allerdings mussten die zugehörigen Betzenhausener Felder im weiteren Verlauf der Geschichte noch häufiger als Aufmarschgebiet herhalten.

Andererseits war der „Schotterboden“ auch nicht besonders fruchtbar: so wurden mit zunehmender Bautätigkeit in Freiburg Sand- und Kiesgruben in diesem Gebiet angelegt. Aus dem letzten und größten Baggerloch ist dann der Flückiger See entstanden.

Schön ist auch die Geschichte des Brunnens neben dem Bischofskreuz: Hintergrund ist ein Laufbrunnen an der Lehenerstraße, der in geschichtlichen Zeiten Haltepunkt von Markfrauen aus Lehen und Betzenhausen war, die sich ja üblicherweise zu Fuss auf den Weg nach Freiburg machten (bei mehr Interesse an den Hintergründen siehe Bericht (pdf) im Bürgerblättle 147 von 1998).

Entstehungsgeschichte Bezirk Bischofslinde

Bereits im Bebauungsplan von 1956 wurde das Gebiet des heutigen Bezirks Bischofslinde erstmals als Erweiterungsfläche für Wochnungsbau erwähnt. Ab 1963 erstellte die Städtische Wohnungsbaugesellschaft im Zehnsteinweg eine Wohnsiedlung für über 300 Familien, das größte soziale Wohnbauprojekt in Freiburg nach dem Krieg. Es sollte auch Heimat werden für Flüchtlinge, Rückkehrer und auch Obdachlose. Gleichzeitig sollte ein neues Zentrum für Behörden im Westen entstehen.

Damit wurde auch der Grundstein gelegt für den Bezirk Bischofslinde: Namengeber wurde eine historische Bischofslinde sein, die über Jahrhunderte neben dem Bischofskreuz stand und in den 1940-er Jahren einem Sturm mit Blitz-Einschlag zum Opfer gefallen war. Symbolisch für den Aufbruch pflanzte OB Dr. Keidel am 29. Mai 1963 am selben Ort eine neue Linde, die heute auch wieder eine stattlich Größe aufweist. Der Name dieses Stadtbezirks ist also gleichzeitig Geschichte.

Eine gute Übersicht zu den damaligen Planungen Bischofslinde gab ein Rückblich 25 Jahre später zum Jubiläum der Grundsteinlegung (also im Jahre 1988): hier die wichtigsten Teile für Interessierte zum Nachlesen in 25 Jahre Bischofslinde (PDF)“.

Bei den Planungen zum Bezirk Bischofslinde wurde vier Siedlungsbereiche identifiziert:

  • Das Seeparkviertel mit den Schwerpunkten Studentensiedlung (StuSie, ab 1965) und Idinger Hof (gebaut 1976)
  • Das Behördenzentrum mit zentralen Objekten wie Polizeidirektion und Regierungspräsidium,
  • Das „Kernland“von Bischofslinde mit dem Platz am Bischofskreuz als Nahversorgungsbereich, sowie Anne-Frank-Schulen und Kirchen St. Albert / Matthäus als zentrale Stellen.
  • Das Runzmattenviertel, in dem auch Gewerbe vorgesehen war

Das Seeparkviertel

Für die Studenten-Siedlung (StuSie) wurde geplant als sog. Parksiedlung. Sie war Ergebnis eine Wettbewerbs mit den Stuttgarten Archikten Irion, Graf und Maier als Sieger. Der Bau begann und bestand aus jeweils 3 Wohngebäuden unterschiedlicher Höhe mit gemeinsamen Hofraum. Im Juni 1966 wurde dieser erste Teil der StuSie feierlich eröffnet: dabei waren u.a. Ministerpräsident K.G. Kiesinger und Magnifizenz Prof. Helmut Baitsch. Einige der weiteren Hochhäuser wurden mit Unterstützung der Max-Kade-Stiftung erstellt. Nach Ende der ersten großen Bauphase bestand die StuSie aus ca. 20 Häusern mit etwas 1.500 Plätzen und wurde so zum größten Studentendorf in Freiburg.

Der Idinger Hof mit seinem eher ungewöhnlichen Klinker wurde 1976 errichtet und ist ein zweiter markanter Punkt im Seeparkviertel; ebenfalls ein Wettbewerbserfolg von den Freiburger Architekten Saß und Partner.

Zentrales Element des Seeparkviertels ist natürlich der Seepark selbst, der erst zur Landesgartenschau 1986 die heutige Gestalt annahm (nebenbei eine der erfolgreichsten Landesgartenschauen in Deutschland bisher). Der Seepark enhält eine Reihe markanter Bauwerke als Überbleibsel der Ausstellung; z.B. das Forsthaus,  der Aussichtsturm, das aus Sandstein gebaute Wassertürmchen sowie der Bacchus. Am Rande des Seeparks befindet sich das Hallenbad West, Freiburgs größtes Schwimmbad. Noch früher (ab 1968) gab es dort auch ein Freibad, das hoffentlich in 2022 wieder eröffnet wird.

Das Behördenzentrum

Erster Behördenbau war 1966 das Flurbereiningungsamt, es folgten u. a. das Landespolizeipräsidium (1973/74), die Oberpostdirektion (1975), das Chemische- und Veterinäruntersuchungsamt (1990) und das Regierungspräsidium (2001-2004). Sieht man von der Wohnbebauung an der Bissierstrasse ab, dann bildet die ab 1962 geplante Berliner-Allee die Trennlinie zwischen dem Behördenzentrum und dem Wohnquartier Bischofslinde.

Das „Kerngebiet“ Bischofslinde

ist geprägt durch den Platz am Bischofskreuz als Nahversorgungsbereich, der Anne-Frank-Schulen und den beiden Kirchen St. Albert / Matthäus als zentrale Stellen. Dieser Bereich entstand zeitgleich mit dem Bau der Studentensiedlung auf der gegenüberliegenden Seite der Sundgauallee; maßgeblich beteiligt am Wohnungsbau waren die Genossenschaften „Wohnstättenbau“ und „Familienheim Freiburg“.

Die vierspurige Sundgauallee wurde mit Hochhäusern eingefasst, wobei die Höhe der Häuser jeweils in Richtung Dreisam und Flückigersee abnimmt. Letztendlich ergab sich daraus auch ein Mix aus unterschiedlichen Baustile: Geschoßwohnungsbau der Genossenschaften, Eigentumswohnungen, Reihenhäuser und auch Einzelwohnhäuser. Abseits der Sundgauallee sind die Wohnbereiche über Sackgassen oder Schlaufenstrassen erschlossen, so dass hinter den Hochhäusern eher ruhige Wohngebiete entstanden. Es sollte eine mustergültige Parksiedlung werden im Sinne einer „gegliederten und aufgelockerten Stadt“: erkennbar ist eine Trennung in die Bereiche Ost, Mitte und West mit jeweils durchgehenden Grünzügen von Dreisam zum Flückigersee (incl. Unterführung zur Sundgauallee).

Das Runzmattenviertel

Hier ist u.a. der Zehnsteinweg zu finden: die Städtische Wohnungsbaugesellschaft setzte dort dort ab 1963  das größte soziale Wohnbauprojekt Freiburg um, eine Wohnsiedlung für über 300 Familien, in denen vor allem Flüchtlinge, Rückkehrer und Obdachlose eine neue Heimat finden sollten. Ein Mischgebiet in dem auch Gewerbe vorgesehen wurde.

Besondere Architektur

Zahlreiche Gebäude in Betzenhausen-Bischofslinde sind über Architektenwettbewerbe entstanden und haben Auszeichnungen erhalten als typische Vertreter  einer gehobenen Nachkriegsarchitektur. Beispiele dazu: der 1976 errichtete Idingerhof, eine Wohnanlage mit über 200 Wohneinheiten in fünf- bis siebengeschossigen Häusern, deren besonderes Kennzeichen eine Klinkerfassade ist (war für Freiburger Verhältnisse eher ungewöhnlich ist). Und doch zeigt sich nur wenige hundert Meter entfernt an der Ecke Berliner Allee / Sundgauallee die ehemaligen OPD (Oberpostdirektion) ebenfalls als imposanter Klinkerbau. Desweiteren zur nennen ist das Bürgerhaus im Seepark, die Wohnanlage Gruberhof („Wiehre des Westens“) und auch die Wohngruppe Tränkematten (realisiert von den ersten Baugruppen in Freiburg). Diese Gebäude sind Fixpunkte und nicht nur prägend für den Stadtteil.

Nicht vergessen wollen wir die den kühne Kirchenrundbau der Kirchengemeinde St. Albert (1968/69): gebaut in Form einer überdimensionalen Krone aus Betonfertigteilen und Buntglasfenstern. Zum 50 jähringen Jubiläum (2019) wurde die Kirche ausgezeichnet als eine von zwölf besonderen Kirchenbauten der Nachkriegszeit und steht seither unter Denkmalschutz.

Auch das noch…

Verkehrsanbindung: Zur Nachkriegsarchitektur gehört wie selbstverständlich auch das Auto als prägendes Element im Städtebau: Ergebnis dieses Denkens ist die Sundgauallee, anfangs auch als „Boulevard des Westens“ gepriesen. Sie war geplant als Verbindungsschnellstrasse zwischen Westumfahrung (Paduaallee) und Friedrichring. Daran erinnert auch die heutige ESSO-Tankstelle, die ursprünglich auf beiden Seiten der Sundgauallee existierte (heute ist das gegenüberliegende Gelände ein Teil der Studentensiedlung). Seit 1983 fährt auf dem Mittelstreifen der Sundgauallee die Straßenbahnlinie 1, die wohl meistgenutzte Verbindung in Freiburg. Darüber hinaus ist der Behördenbereich durch die Linien in Richtung Weingarten/Rieselfeld bestens an die Innenstadt angebunden.

Jubiläum: ein erstes richtiges Jubiläum gab es dann 25 Jahre nach der Grundsteinlegung (also im Jahre 1988): Anlaß für den damaligen Bürgerverein zu einem ersten Rückblick. Von der zugehörigen Festschrift mit vielen Informationen zum Werden des Bezirks Bischofslinde gibt es nur noch wenige Exemplare; deshalb haben wir die wichtigsten Teile eingescannt zum Nachlesen („25 Jahre Bischofslinde“).

Sonstige Infos: viele Informationen zur Bevölkerungsstruktur, Verkehr, Wohnen und auch Wahlergebnissen im heutigen Stadtbezirk stellt wie üblich die Stadt Freiburg über das FR.ITZ-Portal zur Verfügung; hier der Bezirksatlas-Betzenhausen-Bischofslinde (pdf) aus dem Jahr 2018.