Unser aller Auto”mobil”
Aktuelles (Mai 2022): Stetes Fahrzeug-Wachstum weiterhin auch in Freiburg.
Trotz aller Diskussionen um Parkgebühren und Umweltauswirkungen: die Zahl der Autos in Freiburg wächst weiter und das gilt auch für die aktuellen Jahre. Sogar die Zahl der Autos pro 1.000 Einwohner nahm in 2021 weiter zu: da waren es 354 (zehn Jahre zuvor waren es “nur” 340). Und immer mehr SUVs für das Stadt-Abenteuer sind dabei: in 2021 zählte das Kraftfahrtbundesamt 5.522 Fahrzeuge der Klasse in Freiburg und damit mehr als doppelt so viel wie im Jahr 2016. Eine Verkehrswende ist offensichtlich noch nicht in der Bevölkerung angekommen; auch nicht in Freiburg.
Auch bundesweit war es zum 1.1.2022 wieder ein Höchststand mit 48,5 Millionen PKW: ca. 800.000 mehr als im Jahr davor. Das sind jetzt 580 Pkw je 1000 Einwohner (im Ländle BW sind es 613). Ein Effekt der E-Auto Initiativen ist der Trend zum Zweitwagen: es wurden die alten Verbrenner nicht im gleichen Maße abgeschafft. Für all die Pkw stehen übrigens in Deutschland etwa 160 Millionen Stellplätze zur Verfügung: der Raum wird nicht nur knapper durch die Zahl der Pkw; die werden gleichzeitig auch immer größer und bei Wohnwagen war 2021 zusätzlich noch ein Rekordjahr.
Nachfolgend ein Beitrag aus Bürgerblättle 269, Okt./Nov. 2021
Geteilte Freude, doppelte Freude!
Man kann es kaum glauben: Trotz aller Debatten um Klimaschutz und Verkehrswende stieg allein von 2010 bis 2020 die Pkw-Dichte um 14 % in Deutschland! Das bedeutet: aus 41,7 Millionen PKW wurden 47,7 Millionen, jedes Jahr kamen mehr als eine halbe Millionen Autos hinzu. Aus durchschnittlich 509 Pkw pro 1 000 Einwohner wurden 569 (Statistisches Bundesamt). Selbst im Corona-Jahr 2020 ist der Bestand gestiegen: Anfang 2021 lagen wir bundesweit schon bei 580 Pkw je 1000 Einwohner. Im dem Jahr war der Zuwachs mit 1,7% speziell in Green City Freiburg über Durchschnitt (was sogar der Spiegel und andere Medien bemerkenswert fanden).
Man beachte: zu Beginn der 1970er Jahre mit gut einem Viertel der Pkw von heute entstand die heutige Fußgängerzone von Freiburg; seither ist also z.B. der Münsterplatz kein Parkplatz mehr. Es war schon damals kein leichter Schritt und mit kontroverser Diskussion verbunden. Dass die Fahrzeuge von heute auch noch viel größer und PS-stärker sind als in früheren Jahren, kommt hinzu (z.B. für das SUV-Abenteuer in der Stadt). Am meisten Stärke (PS) zeigt man übrigens in Bayern gefolgt von Baden-Württemberg. Man merkt: Das Auto war und ist „des Deutschen liebstes Kind“.
Eine logische Konsequenz aus alle dem: Parkplätze werden immer knapper. Ein Umstand, den auch die Bewohner von Freiburg bei der Wohnfeldumfrage 2020 bemängelt haben. „Gefühlt“ gibt es immer weniger Parkplätze. Hinzu kommt, dass die weitere Umwelt-politische Richtung eine ganz andere sein wird und auch sein muss. Alle Modelle von zukunftsorientierten Städten reduzieren den Autoverkehr. Der Verdrängungswettbewerb wird zwangsläufig weiter steigen. Siehe z.B. aktuelle Freiburger Diskussion um Kosten für Anwohnerparkplätze oder Geschwindigkeitsbegrenzung 30km/h (die sogar Paris jetzt eingeführt hat).
Einziger kleiner Lichtblick bei dieser Betrachtung: bei jungen städtischen Bewohnern sind Führerschein und eigenes Auto nicht mehr angesagt. Lange Zeit waren dies ja Status-Symbol und Zeichen der Unabhängigkeit. Seit Jahren sinken hier die Zahlen, so dass Auto-Vertreter schon ein Problem darin zu sehen (üblicherweise wird Kaufverhalten der 18 – 24 Jährigen betrachtet). Auch eine Konsequenz: das Durchschnittsalter der Pkw-Besitzenden steigt.
Wie viel fährt ein Auto durchschnittlich im Jahr? Ca. 12.000 bis 14.000 km dürften es sein (da scheint eine klare Aussage schwierig). Tendenz hier eher rückläufig: es gibt also immer mehr Pkw, aber pro Pkw wird weniger gefahren. Und wer nachrechnen mag: weniger als 3% eines Tages wird das Auto gefahren; über 97% der Zeit braucht es einen Parkplatz. Lässt man die Vielfahrenden einmal außen vor, ist das Verhältnis beim Rest noch weit extremer. Unser zentrales Symbol für Mobilität steht die meiste Zeit herum.
Dabei könnte es auch anders gehen: unterhalb von 10.000 km pro Jahr dürfte es sogar wirtschaftlich günstiger sein, ein Fahrzeug zu teilen. Mehr als 10 Nutzer kommen üblicherweise auf ein Carsharing-Fahrzeug. Im Stadtgebiet von Freiburg sind heute über 400 Fahrzeuge verfügbar. Hätte jeder Nutzer dieser Fahrzeuge sein eigenes, dann bräuchte man logischerweise viele weitere Parkplätze!
30 Jahre Carsharing in Freiburg
Und wieder kann man staunen: Seit 1991 gibt es ein Carsharing-Angebot in Freiburg, von Anfang an unterstützt durch den VCD. In der ersten Zeit wurden nur Privat-Parkplätze genutzt; ab 2012 suchte die Stadt selbst nach einem Konzept mit öffentlicher Unterstützung. Das war nicht einfach, denn gesetzliche Grundlagen waren dafür eigentlich nicht vorhanden. Doch Freiburg fand eine Lösung im „Carsharing-Aktionsplan 2012“: Über Änderungen im Bebauungsplan konnten 134 Standorte für Carsharing ausgewiesen werden und im Jahr 2015 stimmte auch der Gemeinderat zu. Erst ab Anfang 2021 wurde alles einfacher: Ein neues Bundesgesetz ermöglicht jetzt Stellplätze für Carsharing an öffentlichen Straßen und Plätzen über eine Sondernutzungserlaubnis. Die Entwicklung der zugehörigen Fahrzeug-Zahlen über die letzten Jahre ist eindrucksvoll (siehe Abbildung)
Stand heute (Sept. 2021) sind gut 100 städtisch unterstützte Stationen genutzt: 110 sollen es Ende 2021 sein. Eigentlich wäre sogar noch mehr möglich, doch bereits vorgesehene Stationen werden erst dann aktiviert, wenn ein Betreiber den Bedarf anmeldet. 45 Stationen auf privaten Flächen kommen noch hinzu. Zusammen sind es die oben schon genannten gut 400 Fahrzeuge. Green City Freiburg hat dafür natürlich einige Lorbeeren erhalten, denn es war die erste Stadt in Deutschland mit einem Angebot für Carsharing-Autos im öffentlichen Straßenraum. Und Freiburg ist bundesweit auch noch ganz weit vorn bei der Zahl der Fahrzeuge. Anbieter in Freiburg sind die bekannten Größen „Grüne Flotte“ und „Stadtmobil“; zusätzlich Flinkster für DB Kunden. Nicht zu vergessen „My-e-Car“ als südbadischer Anbieter von Elektro-Fahrzeugen, betrieben mit Strom von NaturEnergie.
Carsharing in Betzenhausen
Freiburgs Idee, diese Stationen über alle Stadtteile zu verteilen, hat sich bewährt. Dabei ist es ein erklärtes Ziel, innerhalb von höchstens 250 Metern von der Haustür ein Auto vorzufinden. Direkt in Betzenhausen sind Fahrzeuge auf 7 Stellplätzen zu finden, knapp hinter den „Stadtteil-Grenzen“ zu Lehen und Mooswald gibt es weitere. Das größte Angebot hat bei uns die Grüne Flotte.
Warum eigentlich nicht?
Natürlich wird der Individual-Verkehr noch lange auf dem eigenen Autos beruhen und mit den oben genannten Zahlen ist keinerlei Abkehr von diesem Trend zu erkennen! Auch Berufspendler und Vielfahrer werden bleiben, wobei das letzte Jahr die Erkenntnis gebracht haben dürfte, dass sogar mancher Vertriebstermin online stattfinden kann. Aber viele Autos werden doch nur gelegentlich gebraucht und auch das parkende Auto kostet Geld. Hier sollte man wirklich Carsharing in Betracht ziehen. Ein paar Entscheidungshilfen dürfen natürlich nicht fehlen:
- Die Autos der Carsharing Anbieter sind meistens recht neu und auch gut gepflegt; inklusive angenehmer Dienste wie Wartung, Reifenwechsel, Vignette CH…
- Welches Fahrzeug darf es denn heute sein? Ein Kleinwagen, etwas Passendes für den Besuch im Baumarkt oder ein „Bus“ für den Ausflug im Freundeskreis bzw. mit der großen Familie. Sie haben viel Freiheit bei der Wahl.
- Sie werden sich wundern, dass selbst Kinder ein geliehenes Auto gern wieder aufräumen, bevor es zurückgegeben wird.
- Und ein gesicherter Parkplatz ist übrigens auch inklusive.
Zum Schluss natürlich auch noch die ökologische Frage: vielleicht fährt man ohne eigenes Auto doch noch etwas weniger und nutzt Rad oder ÖPNV. Aber viel wichtiger: welcher Ressourcen-Verbrauch steckt dahinter, wenn für die mehr als 10 Nutzer eines Carsharing-Fahrzeugs auch noch jeweils ein Pkw produziert werden müsste.
Am Ende ist es wie in vielen anderen Fällen: Eine Sache der Gewohnheit.
Die Redaktion
Entnommen aus Bürgerblättle 269 / Okt./Nov. 2021
Update 2022
Bundesweit wurde zum 1.1.2022 ein neuer Höchststand gezählt mit 48,5 Millionen Pkw: also ca. 800.000 mehr als im Jahr davor. Das bedeutet jetzt 580 Pkw je 1.000 Einwohner (im Ländle BW sind es 613). Ein Effekt der E-Auto Initiativen ist leider der Trend zum Zweitwagen, denn es die alten Verbrenner wurden bei Kauf nicht im gleichen Maße abgeschafft. Für all die Pkw stehen übrigens in Deutschland etwa 160 Millionen Stellplätze zur Verfügung: der Raum wird nicht nur knapper durch die Zahl der Pkw; die werden gleichzeitig auch immer größer und bei Wohnwagen war 2021 zusätzlich auch noch ein Rekordjahr.
Blick nach Freiburg: Trotz aller Diskussionen um Parkgebühren und Umweltauswirkungen, die Zahl der Autos wächst auch hier weiter. Sogar die Zahl der Autos pro 1.000 Einwohner nahm in 2021 weiter zu: am Ende waren es 354 (zehn Jahre zuvor waren es “nur” 340). Und immer mehr SUVs für das Stadt-Abenteuer sind dabei: Ende 2021 zählte das Kraftfahrtbundesamt 5.522 Fahrzeuge dieser Klasse in Freiburg und damit mehr als doppelt so viel wie im Jahr 2016. Eine Verkehrswende ist offensichtlich noch nicht in der Bevölkerung angekommen; auch nicht in Freiburg.
Ergänzend dazu ein paar weiterführende Seiten:
Carsharing als Thema bei der Stadt Freiburg: www.freiburg.de
Zahl der Autos in den Städten wächst weiter, siehe Der Spiegel
Ökoinstitut Freiburg im Auftrag des Nabu: Impulse für mehr Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit in der Verkehrspolitik. Siehe www.nabu.de (PDF)
Umweltbundesamt: Mobilität privater Haushalte, siehe www.umweltbundesamt.de
Statistisches Bundesamt: Pkw-Dichte in Deutschland in den vergangenen zehn Jahren um 12 % gestiegen, siehe www.destatis.de
Freiburg: Nachhaltigkeitsbericht 2020, siehe www.freiburg.de (PDF)