Die E-Scooter sind da

Inzwischen sind die ersten E-Scooter (E-Roller) auch in Betzenhausen zu sehen. Wohl selten wurde ein neues Verkehrsmittel mit so viel Skepsis “begrüsst” wie diese Fahrzeuge. Deshalb hier ein paar Zeilen zu den neuen “Verkehrsteilnehmern”.

Hintergründe

Aus anderen (Groß-)Städten haben viele schon einen Eindruck mitgenommen: die Scooter stehen “überall” und ungeordnet herum (oder sie sind umgefallen). Auch mit der Gefahr darüber zu stolpern, wenn man grad mal die Augen woanders hat.

Die Scooter wurden ursprünglich als Beitrag zur Verkehrswende gesehen, denn sie könnten den öffentlichen Nahverkehr sinnvoll ergänzen. In der Realität sieht es aber wohl anders aus: häufig scheinen Menschen in anderen deutschen Städten den E-Scooter zu nutzen, die vorher mit dem Rad oder zu Fuß unterwegs waren (das wäre dann alles andere als Umwelt-freundlich).

E-Scooter fahren

E-Scooter sind als Fahrzeuge seit Juni 2019 für den Verkehr in Deutschland zugelassen. Für das Fahren braucht man keinen Führerschein; man muss aber mindestens 14 Jahre alt sein. Gefahren werden darf nur auf Radwegen, Radfahrstreifen und auf Fahrradstraßen. Wenn das alles nicht vorhanden ist, auch auf der Fahrbahn. E-Scooter dürfen also NICHT auf Gehwegen oder in Fußgängerzonen gefahren werden: insbesondere auch dann nicht, wenn dort das Schild “Radfahrer frei” hängt. Es gibt keine Helmpflicht (sei aber hier empfohlen) und bzgl. Alkohol gelten die gleichen Regeln wie für Autofahrer (also max. 0,4 Promille).

Leih-Scooter erst jetzt in Freiburg

Nach aktueller Rechtsprechung benötigt das Angebot von Leihsystemen KEINE gesonderte Genehmigung, ist also grundsätzlich zugelassen: allerdings kann eine Stadt Regeln über das “Wie” festlegen. Deshalb hat die Stadt Freiburg Anfang 2020 ein Konzept für den Umgang mit Anbietern erstellt mit dem Ziel “E-Scooter-Leihsysteme verkehrssicher, ökologisch nachhaltig und möglichst störungsfrei in das Mobilitätsangebot der Stadt zu integrieren“. Einzelne Punkte daraus: die Scooter müssen mit Ökostrom betrieben werden. Festangestellten Mitarbeiter*innen müssen für Wartung und Unterhalt der Flotte zur Verfügung stehen. Störende oder defekte E-Scooter müssen kurzfristig entfernt bzw. an andere Stelle gebracht werden. Ein Teil der E-Scooter muss in der Nähe von Haltestellen des ÖPNVs abgestellt werden und sie müssen weiträumig im Stadtgebiet zu finden sein (und nicht nur in der Innenstadt).

Anbieter müssen diesem Konzept zustimmen und das könnte letztendlich auch den “Wildwuchs” vermeiden, der in anderen Städten zu erkennen ist. Vielleicht sind ja die strikten Regeln auch ein Grund, warum sich erst Ende 2020 ein erster Anbieter nach Freiburg traute. Vermutlich gibt es aber auch noch andere Gründe, z.B. das Verbot von Fahrrädern in zentralen Bereichen von Freiburg’s Innenstadt (gilt auch für E-Scooter), der hohe Anteil an Bewohner*Innen, die ohnehin schon ein Fahrrad haben und damit auch fahren. Günstige Rad-Leihsysteme sind sicher auch ein Wettbewerb. Da stellt sich schon die Frage, wie gross die “Marktlücke” noch ist. Corona hat die Einführung vermutlich auch noch etwas gedämpft.

Erster Anbieter “Yoio”

Der erste Anbieter mit Leih-Scootern in Freiburg ist die Firma “Yoio“, die mit 150 Geräten an den Start gegangen ist (auch eine spezifische Freiburger Obergrenze je Anbieter). Yoio kommt aus Göttingen, also einer Stadt mit ähnlicher Struktur wie Freiburg. Bei Yoio wird die Fahrzeit im Minutentakt abgerechnet (19 Cent je Minute) bei 1 Euro Grundgebühr für jede einzelne Fahrt. Es geht mit max. 20 km/h voran: bei einem Unfall hilft die Haftpflichtversicherung der Firma.

In manchen Punkten hat Yoio die Bedingungen für das Fahren sogar noch verschärft, z.B. mit dem Mindestalter von 18 Jahren (bei Anmeldung zu bestätigen) und 0,0 Promille Alkohol .

So funktioniert es bei “Yoio”

Wie heute üblich braucht man eine App auf seinem Smartphone und eine Registrierung bei Yoio und Guthaben in der App (aufzuladen über Kreditkarte). Per GPS zeigt die App fahrbereite Roller in der Umgebung: man geht dorthin, scannt mit der Kamera eine QR-Code auf dem Lenker des Scooters und startet das Fahrzeug von der App aus. Das Fahren selbst sollte man auf jeden Fall erst mal etwas üben: also Ständer einklappen, lostreten und den Go-Schalter vorsichtig drücken, denn der regelt die Geschwindigkeit.

Beendet wird eine Fahrt wieder über die App auf dem Smartphone. Grundsätzlich ist der Abstellplatz recht frei: man darf aber keine Einfahrten, Durchgänge, Gehwege u.a. blockieren. Zusätzlich zeigt die App rote Bereiche, in denen der Scooter NICHT abgestellt werden darf (z.B. nicht im Seepark und auch nicht am Dreisamufer). Den Abstellplatz sollte man am Ende unbedingt fotografieren: auch als Beleg, dass alles ok ist.

Fazit

Seit 2020 werden Unfälle mit E-Scootern getrennt erfasst und es waren in diesem Jahr gut 1500 Unfälle mit Personenen-Schaden (auch leichtere mitgezählt); in ca. 80% der Fälle kamen dabei die Fahrer selbst zu Schaden (zum Vergleich: gut 73 000 Unfälle gab es in gleichen Zeitraum mit Beteiligung von Radfahrer*innen). Das sagt natürlich nichts darüber, wie es in Freiburg aussehen wird.

Wie bei allen Verkehrsmitteln sollte auch hier ein respektvolles Verhalten und Toleranz geboten sein. Während der Fahrt, aber auch die Abstellorte können schnell zum Problem werden. E-Scooter kippen auch leicht um oder werden umgeworfen: das ist eine grosse Gefahr für Menschen, die nicht gut sehen oder eine andere Behinderung haben. Konflikte sind also zu erwarten, aber je mehr dabei die oben genannten Verkehrsregeln eingehalten werden, desto weniger Konflikte dürften es sein.

Gelegentlich haben wir schon darauf hingewiesen, das im neu gestalteten Bereich der Sundgauallee kein Radverkehr auf dem Fußgängerweg erlaubt ist: das Verbot aber nicht funktioniert. Hoffen wir mal, dass sich jetzt nicht auch noch die E-Scooter dorthin verirren.

Passend zum Schluss: der Gemeinderat hat die Verwaltung beauftragt, nach Ablauf von zwei Jahren einen Erfahrungsbericht vorzulegen. Wir sind gespannt, ob und wie es in Green-City-Freiburg funktioniert.


Bericht aus Bürgerblättle 265, Febr./März 2021