Geschichte Betzenhausen: Herrschafts- und Besitzverhältnisse
Hintergrund: in einer langen Beitragsserie wurde von Nov. 1976 bis Aug. 1978 über die Geschichte von Betzenhausen im Bürgerblättle berichtet (siehe Übersicht).
1. Herrschaft
Quellen für die Ortsnamen des 8. und 9. Jahrhunderts sind im Breisgau die Urkunden der Klöster Lorsch und St. Gallen. Zu diesen beiden räumlich entfernt liegenden Klöstern muß es früher enge Beziehungen gegeben haben. Diese Beziehungen erstreckten sich auch auf das Dorf ,,bezenhusa“. Als -hausen -Ort zählt es zum ersten Landesausbau und seine Gründung fällt etwa ins Ende des 8. Jahrhunderts. Am 14.8.972 wird in St. Gallen in einer Schenkungsurkunde der beiden deutschen Kaiser Otto I. und Otto ll. an das Kloster Einsiedeln sein Name unter vielen anderen das erstemal urkundlich erwähnt. ln lngelheim am 27.10.984, in Bruchsal am 31.10.966, in Frankfurt am 5.1.1018, in Zürich am 19.8.1027 wird diese Schenkung noch einmal von dem jeweiligen Kaiser bestätigt.
Geschenkt wurde Betzenhausen mit allem was dazu gehört: mit Hörigen beiderlei Geschlechts, Häusern, bebautes und unbebautes Land, Wiesen, Weiden, Wäldern, Gewässern, Mühlen, Weingärten, Almen, vereinbarten Zinsen, angeforderten und noch einzutreibenden Ausgaben und Einnahmen.
Die Güter Einsiedelns wurden im Breisgau vom königlichen Kammergut in Riegel mitverwaltet. lm Einkünfteurbar (Verzeichnis) von 1220 finden wir noch Abgaben von Betzenhausen verzeichnet. Ca. 250 Jahre währt also die Herrschaft des Klosters. Wann und an wen es dann Betzenhausen verkauft, ist nicht mehr festzustellen. Möglicherweise kommt es später wie der Nachbarort Lehen an die Grafen von Freiburg. Danach übernehmen Freiburger Bürger die Herrschaft und am 9.3.1347 entscheidet der Freiburger Magistrat in dem zwischen Johann Geben Sigstein und Johann Mörser entstandenen Jurisdiktionsstreit (Streit über die Gerichtshoheit) zugunsten Sigsteins. Um 1350 ist Agnes Heller die Besitzerin des Dorfes, das sie anschließend an das Predigerkloster verkauft. Von diesem geht es wiederum an Johann Geben Sigstein mit allen Rechten und Gewohnheiten. Er übergibt das Dorf schenkungsweise dem Heiliggeistspital. Die Nutznießung auf Lebenszeit für 4 Pfennig behält er sich jedoch vor. Am 19.6.1360 verkauft es das Spital nach Sigsteins Tod an Frau Gysele Malterer und deren Kinder.
Martin Malterer, der offensichfliche Erbe von Betzenhausen, verkauft es am 18.1.1381, als er von Herzog Albrecht lll. zum Landvogt im Elsaß und Breisgau ernannt wird, an Franz Geben Sigstein. Dieser hatte offenbar seine finanziellen Möglichkeiten überschätzt, denn schon am 25.5.1381 verkauft er das Dorf wieder. Der neue Käufer, die Stadt Freiburg, soll nun für 400 Jahre Grund- und Ortsherrin von Betzenhausen sein. Es blieb jedoch Dorf und wurde kein Stadtteil oder Vorort, wahrscheinlich schon der räumlichen Entfernung wegen. Seine Bewohner wurden Untertanen und keine Bürger.
Freiburg gehörte von dieser Zeit dem Ritterstand an und mußte an die Ritterkasse Zahlungen leisten, da Betzenhausen und auch Lehen adlige Dörfer waren. An wirtschaftlichen Vorteilen fiel den Betzenhausern mit ihrer neuen Herrschaft der bevorrechtigte Bezug von Brennholz, Salz und der Weidegang im Mooswald zu.
Erst im Jahre 1806 wurde durch die neue badische Regierung das städtische Untertänigkeitsverhältnis aufgelöst und Betzenhausen eine freie Landgemeinde, die dem 1. Landamt Freiburg unterstellt wurde (von 1813 Stadamt Freiburg). Am 1.1.1908 schloß sich Betzenhausen, diesmal aufgrund eines Bürgerentscheids, der Stadt Freiburg an. Dabei haben sicher wirtschaftliche Überlegungen eine Rolle gespielt sowie auch die Aussicht auf Strom, Wasser, 15 Erdöllampen für die Straßenbeleuchtung und ein neues Schulhaus. 41 von 43 Stimmberechtigten im Gemeinderat waren für den Anschluß an die Stadt.
Der ausdrückliche Wunsch der Betzenhauser nach Straßenbahnanschluß wird leider nicht erfüllt, aber ab dem 6.9. 1926 verkehren wie noch heute die städtischen Omnibusse in Richtung Freiburg und zurück.
100 Jahre nur hatten alss die Betzenhauser Bürger im Rahmen ihrer Möglichkeiten ihr Gemeindeleben selbst gestalten können.
2. Besitzverhältnisse
Obwohl die lehm- oder schlickhaltigen Aueböden über Sand und Kies nur eine Ertragsgüte von 58-60 Prozent erreichen, haben schon im Mittelalter hauptsächlich Freiburger Klöster (Adelhausen, St. Agnes, St. Klara und Günterstal), die Klöster aus Oberried und Tennenbach, die Johanniter und das Deutschordenshaus Grundbesitz im Betzenhauser Bann gehabt. Eine besondere Stellung in der Herrschafts- und Besitzstruktur nehmen die beiden Freihöfe ein, die es auf Betzenhausens Gemarkung gibt. Der erste ist der Freihof des Dr. J. Helbling. Von diesem Hof sollen im Freiburger Stadtarchiv noch die Kaufakten liegen. ln früheren Jahren gehörte er dem Franziskanerkloster, wurde dann an das Frauenkloster St. Klara und von diesem 1622 an den Doktor der Medizin und Professor der hiesigen Universität Johann Caspar Helbling unter gewissen von Seiten der Stadt festgesetzten Bedingungen verkauft (1622 macht ein Severin Freuder Zugrechtansprüche gegen den Dr. Helbling geltend).
Die von dem Arzt beanspruchten Sonderrechte in bezug auf Weidgang, Gemeindeumlagen und Steuerabgaben sowie die Ausdehnung seines Hofes hat zu erheblichen Differenzen zwischen ihm und der Gemeinde geführt, die von 1657 bis 1706 andauerten. Die Akten hierüber sind zum großen Teil noch erhalten u. Wilhelm Franz Schmidt von Brandenstein als Nachlolger der Helblings wollte sich ebenfalls die bevorrechtigte Stellung nicht nehmen lassen und so konnte erst mit einem Vergleich am 20. Januar 1752 die entstandenen Zwistigkeiten beigelegt werden. Bis zu seiner Zerstörung im zweiten Weltkrieg war der Hof das Eigentum des Freiburger Bürgermeisters Anton von Beyer. Das noch erhaltene steinerne Wappen ist heute an dem dort stehenden neuen Wohn- und Geschäftshaus, Ecke Dietenbachstraße und Sundgauallee, angebracht.
Die Lage des anderen Freihofes, des Pflummerischen oder Gerwickschen Freihofes, ist noch ungeklärt. lm Verzeichnis der Häuser von 1683 erscheint er jedenfalls nicht mehr. Der Hof soll vorher ein Wirtshaus gewesen sein. Eine Reverse (Versprechen, die Privilegien zu achten) an die Stadt hinsichtlich der auf dem Gut ruhenden Pflichten in Steuern und Abgaben von Joachim von Pflummern und Johann von Gerwick zu Kronfelden ist noch erhalten.
3. Grenzstreitigkeiten
Durch die oft recht verzwickten Besitzverhältnisse kam es öfter einmal zu Grenzstreitigkeiten. Umgefallene oder zerbrochene Bannsteine wurden im Bereich beider Parteien schnellstens ersetzt. ln einem Protokoll über die Grenzbesichtigung der Freiburger und Betzenhauser Bannlinie von 1781 werden die neu gesetzten Grenzsteine wie folgt beschrieben: Sie sind aus rotem Sandstein, einen Schuh dick und 2 1/2 Schuh außer dem Boden hoch. Dieselben haben einerseits das Stadtwappen, andererseits die Buchstaben BZH eingehauen.
Oben sind die Steine nach einer Seite abgerundet. Von einem Betzenhauser Bauern, Hans Adam Wißer, ist aus dem Jahre 1697 noch ein kleiner vergilbter Zettel erhalten, auf dem steht: „Hab ich unterschribener für das lobliche holzambt allhir 3 Banstein gemacht so uf Lehen und Betzenhaußen gebraucht. sollr mir bezahlt werden fir dißr allr 3 benantlich 6 Pfudt ein halben daler.“
Aus dem Jahre 1862 ist die Banngrenzbeschreibung zwischen Betzenhausen und Haslach erhalten, bei der der anwesende Vogt, Hans Freyder, unterschrieben hat. 19 Grenzsteine werden hier aufgezählt und beschrieben. Ohne Genehmigung der Grundherrschaft durfte kein Land verkauft oder gekauft werden; im Jahre 1574 hatte das der Vogt Tengius Zimmermann und Konrad Ehmann getan und waren dafür gerügt worden. Dafür beschwerten sie sich, daß die Junker von Ebringen ohne Erlaubnis durch die Güter der Betzenhauser geritten waren.
Einen ausgewachsenen Banngrenzstreit, der sich über mehr als 100 Jahre hinzog, hatten die Betzenhauser mit den Lehenern. Am 10.7.1670 fand deshalb eine Besichtigung durch den Stadthalter Johann Simler und den Stadtschreiber Dr. Franz Corbvogel von Freiburg und anderen an Ort und Stelle statt. Es ging um die Kirchweide, bei der ,,Härtenlachen“ genannt. Die Betzenhauser klagen, daß die Lehener auf ihre Weide gehen, und die Lehener sagen, daß sie vorsätzlich so etwas nicht getan haben. Sie geloben, es nie mehr zu tun.
Aber 1767 beginnt der Streit um dieses 53 Jauchert (1 Jauchert = ca. 0,4 ha) umlassende Stück Land erneut aufzuflammen und am 17.4.1771 wird gerichtlich entschieden, daß der schon am 18.3.1746 vereinbarte Vergleich nun endlich in die Tat umgesetzt wird. Das scheint jedoch erst im Jahre 1794 endgültig vollzogen zu sein. Bei der Gerichtsverhandlung hatte Betzenhausen Urkunden vom 31.5.1622 und 5.9.1656 vorgelegt, um sein Recht zu beweisen.
Am 25.5.1785, also 14 Jahre nach der letzten Gerichtsverhandlung, richten die Freiburger ein langes Schreiben an die Lehener und Betzenhauser. Darin heißt es: „Da die Feldstreitigkeiten zwischen beiden Gemeinden, so geringfügig sie an und für sich sind, die Gemüter so erbittert haben, daß es nicht nur schon zu wiederholten wörtlichen Beschimpfungen, sondern bereits auch zu höchst ärgerlichen und sowohl höchst strafbaren Tumulten gekommen ist, die, wenn nicht mit Sorgfalt ausgewichen worden wäre, zu gefährlichen Tätlichkeiten den unvermeidlichen Anlaß gegeben hätten. Um die einstweilige Ruhe und Sicherheit wieder herzustellen, tut der Magistrat als Ortsherrschaft kund, daß sich jedermann ruhig und friedfertig zu verhalten habe, andernfalls wird er als ein Störer der öffentlichen Ruhe ergriffen und unnachsichtlich bestraft werden.“
Wahrscheinlich begann dieser Streit sogar schon weit vor 1600, denn im Korntawer-Plan wird ein ,,Zankstein“ beschrieben, den die Lehener ,,ansprechen“, das heißt anfechten.
Nach 1800 scheinen sich die Gemüter dann tatsächlich beruhigt zu haben. lm Jahre 1865 gab es mit der Stadt Freiburg dann einen vergleichsweise kleinen Streit, bei dem sich die Stadt bereit erklärte, die Banngrenze nach Betzenhauser Plänen von 1786 neu vermessen zu lassen.