Interviews als Rückblick auf die Landesgartenschau 1986

Über zwei Millionen Besucher, 178 Tage dauernde Ausstellung, ein neues Parkgelände, deren Gestaltung weit über die Grenzen Freiburgs hinaus Beachtung erhielt und als städteplanerische Grundlage für die weitere grüne Entwicklung im Freiburger Westen gilt. Am 18. April 1986 eröffnete der damalige Ministerpräsident und Schirmherr Lothar Späth die baden-württembergische Landesgartenschau in Freiburg. Es war die Basis für den heutigen Seepark rund um den Flückigersee, sicher der meistbesuchte Park Freiburgs.

30 Jahre nach der Ausstellung (also im Jahr 2016)  ist es der Redaktion des Bürgerblättle gelungen,

  • Herrn Dr. Rolf Böhme als damaligem Oberbürgermeister,
  • Herrn Bernhard Utz, seinerzeit Gartenamtsdirekter und Techn. Geschäftsführer und
  • Herrn Bernd Dallmann als damaligem Direktor der LGS,

zu einem Kurzinterview für einen Rückblick zu gewinnen. Nachfolgende die Beiträge aus Bürgerblättle Ausgabe 238 (Juni 2016) und 239 (Aug. 2016).


Alt-Oberbürgermeister, Dr. Rolf Böhme (Mai 2016)

Was war Ihnen damals in Ihrer Funktion als OB wichtig?

Die LGS war ein Schritt zur Stadtentwicklung im Freiburger Westen. Das Gelände war bis dahin eine Kiesgrube. Die LGS sollte diese Fläche zu einer attraktiven Garten- und Parklandschaft umgestalten. Diese Absicht passte in die damalige Stadtpolitik zum Abbau des sog. Ost-West-Gefälles. Die gewollte Aufwertung des Freiburger Westens ist mit der LGS und dem heutigen Seepark gelungen. Gleichzeitig sollte auch das gebaute Blumenhaus später ein Bürgerhaus im Seepark für die benachbarte Bürgerschaft werden. Heute spricht niemand mehr von einem Ost-West-Gefälle und der Seepark ist eine Bereicherung für die ganze Stadt.

Was war Ihr persönliches Highlight?

Die Eröffnung der LGS war wunderschön, aber eigentlich war der Höhepunkt die ganze Reihe von laufenden Ereignissen wie Musik- Sport und Bürgerfesten, Blumenschaus und Besuchen von hochrangigen Gästen wie vom Ministerpräsident Späth oder Treffen mit unseren Partnerstädten und ihren Bürgermeistern. Die Veranstaltungen waren von der LGS mit den beteiligten Ämtern und benachbarten Bürgervereinen Betzenhausen-Bischofslinde und Mooswald bestens organisiert. Die Heiterkeit und gute Stimmung waren durchgehend. Auch im Rückblick bleibt die LGS eine gute Zeit und ein Prestigegewinn für die Stadt.

Was hat Sie damals beeindruckt ?

Die Akzeptanz und Besucherzahlen von der Bürgerschaft und vielen Gästen der LGS. Der Zuspruch, ja oft Begeisterung war immer wieder beeindruckend. Auch von unseren Gästen. So statteten alle Partnerstädte von Freiburg der LGS einen Besuch ab, ebenso die Zähringerstädte und Nachbarstädte vom Oberrhein. Eine Vertretung von Basel kam sogar mit dem Fahrrad. Und die Partnerstädte prägten die LGS auch mit, am deutlichsten die Japaner aus Matsuayma durch ihr Geschenk des Baus des Japanischen Gartens, der bis heute ein Juwel ist im Seepark.

Woran lag es, dass diese LGS – trotz des damaligen Supergaus Tschernobyl – ein nachhaltiger Erfolg wurde?

Die Zusammenarbeit aller Beteiligten war hervorragend. Die verantwortliche LGS arbeitete mit dem Bürgermeisteramt und den Gruppen vor Ort Hand in Hand, vor allem mit den Bürgervereinen. Jedes Wochenende wurden neue Events angeboten, auch das spätere Seenachtsfest im Seepark nahm damals seinen Anfang. Aber die Gestaltung des Seeparks selbst durch das Garten- und Planungsamt war ebenfalls optimal. Man schaue nur einmal noch heute vom Bürgerhaus Seepark in Richtung See und Achse Stadtmitte zum Münster und auf den Seiten die vielfachen kleinen Bauten am See, dann übergehend in eine Wohnbebauung – das Ganze war ein ganz großer Wurf!

Welche Bilanz ziehen Sie heute?

Die LGS war vom Publikumsbesuch ein Volltreffer und hat die Lebensqualität der anliegenden Stadtteile mit dem heutigen Seepark wesentlich verbessert, zum Nutzen der dortigen Bürgerschaft, aber auch der
ganzen Stadt. Was bleibt nach 30 Jahren? Damals hieß es : Go West. Das gilt heute noch.


Bernd Dallmann, Chef der Freiburg Wirtschaft Touristik und Messe GmbH (2016).

Herr Dallman, Sie waren damals Direktor der LGS, was waren Ihre Aufgaben vor –  und während  der dieser Zeit?

Meine Aufgaben begannen schon etwa anderthalb Jahre vor Beginn der LGS. Ich war mit meinen Mitarbeitern zuständig  für die Werbung, die Vermarktung, für das Marketing und besonders für die Organisation der zukünftigen Veranstaltungen. So habe ich z. B. viele Vereine in Stadt und Land, vom Bürgerverein, über Kleintierzuchtverein bis hin zum Briefmarkenverein besucht und dort über die künftige Gartenschau informiert und für den Besuch geworben. So haben wir dann in den 156 Tagen der LGS –  oftmals bis zu 20 verschiedene Veranstaltungen am Tag –  insgesamt waren es 3500 –durchführen können. Das waren Vorführungen, Modenschauen,  Musikveranstaltungen, die Hallenblumenschauen oder Ikebanavorführungen.

Was war in dieser Zeit der LGS für Sie besonders wichtig?

Die LGS  hatte ja eine „Funktion“ und eine „Aufgabe“:wiezeigen wir neue Natur, wie bekommen wir die Leute problemlos zu uns, wie zeigen wir den Besuchern aus „dem Ländle“, aus Frankreich oder der Schweiz den Weg zu uns, welchen Anreiz für eine Reise zur LGS geben wir ihnen?. So haben wir z, B.  Vereinen die uns besuchten, jeweils  zwei Personen freien Eintritt gewährt. Wir hatten auch ein ausgeklügeltes Busparkplatzsystem erarbeitet, die Mundpropaganda funktionierte.

Was waren für Sie – Herr Dallmann –  die HIghlights in dieser Zeit?

Wir hatten einen verhaltenen Vorverkauf an Dauereintrittskarten, nach Pfingsten zog dann der Verkauf von Dauerkarten an, es gab einen starken „Stimmungsumschwung“ bei den Besuchern, begünstigt auch durch das Wetter. Da war für mich dann ein Höhepunkt ein „Bad in der Menge“. Wenn ich mal so richtig gestresst war, habe ich mich an ein Kassenhäuschen gestellt und die „Menge“ der Leute an mir vorbeiziehen lassen: das war ein Highligh für mich. Es war auch  beeindruckend, dass  es nach dem schlimmen Unglück von Tschernobyl  kaum einen spürbaren Besucherrückgang gab. Wir haben mit intensiven Arbeiten die Leute überzeugen können, dass ein der Besuch der Anlagen ungefährlich ist. So haben wir u.a. alle Rasenflächen kurz gemäht und das Mähgut vernichtet, wir haben die Sandflächen ausgetauscht und die Wege z. T. erneuert. Die  Leute haben unsere Bemühungen mit ihrem Besuch belohnt.

Woran – glauben Sie –  lag es, dass diese LGS so einen nachhaltigen Erfolg hatte?

A und O war wohl die Auswahl, die Lage, die Urbarmachung des Kieswerkes mit dem schönen Hintergrund des Schwarzwaldes, und das Konzept des Geländes. Die Absicht der Planer und Gestalter war, eine Gartenanlage zu schaffen, die gut erreichbar war, freie Zugänglichkeiten bot und während der Schau in einem Rundgang alle Gestaltungsobjekte erreichbar machte. Die Besucher wollen nicht längere „Zwischenwege“ machen, um von einem „Projekt“ zum Anderen gehen zu müssen. Auch war der natürlich belassene See mit den verschiedenen Aus – und Einblicken und den hinzugefügten, reizvollen kleinen Bauten  und dem Pontonsteg ein besonderer Mittelpunkt.  Der Freiburger Westen brauchte solch einen Park und die Menschen nutzen ihn nun zu jeder Jahreszeit.

Welche Bilanz ziehen Sie heute – dreißig Jahre nach der Gartenschau?

Es ist ein wunderschönes Naherholungsgebiet geworden, es kein gibt keinen schöneren Park in Freiburg.

Herr Dallmann, es war sehr schön, mit Ihnen diese Erinnerungen noch einmal „nachgeholt“ zu haben, danke für das Gespräch.


Bernhard Utz (2016)

Herr Utz, Sie waren zur Zeit der LGS  der Technische Direktor der Gartenschau, was waren da Ihre Aufgaben vor und während der LGS?

Für mich war es wichtig den Plan der Gartenarchitekten umzusetzen, das bisherige Kieswerkgelände  sowohl für die LGS, als auch für die Zukunft zu gestalten. Ich war  verantwortlich für die Durchführung  guter Arbeiten der verschiedenen Firmen um das „Brachland“ zum grünen und blühen zu bringen.

Besondere Aufmerksamkeit  musste ich für das  Kunstkonzept mit den verschiedensten Bauten, z.B. dem Tempelchen, dem Forsthaus, dem Eingangsbereich an der SGA, dem Turm oder der „Arche“  aufbringen.

Was war in diesen Monaten für Sie besonders wichtig?

In der Zeit der LGS geschah die große Katastrohe in Tschernobyl und es war meine Aufgabe, die Qualität der Anlagen genauestens zu prüfen, zu erhalten und den Besuchern unsere „Ersatz“- Arbeiten verständlich zu machen. Die Pflege der Blumenrabatten, besonders der Rosenbeete und der Einjahrespflanzungen, sowie der Stauden, lag mir sehr am Herzen. Von großer Bedeutung war auch die Vielseitigkeit der verschiedenen Hallenschauen.

Was waren für Sie persönliche Highlights, bzw. Höhepunkte?

Das waren u.a. die Begegnungen mit international anerkannten Künstlern und Architekten  z.B. der des „Tempelchen“, des „Forsthauses“ mit der Verwendung von heimischen Douglasienholz  oder auch dem Gestalter der „Stehle“. Auch die Anlage des „Mammutbaumwäldchens“, und die Anlage  der „Fähre“ über den See  waren besondere Höhepunkte.

Woran – glauben Sie – lag es, dass diese LGS solch einen großen und nachhaltigen Erfolg hatte?

Es war unser Konzept, einen Park für den Westen der Stadt mit einer guten und schnellen Anbindung an die Innenstadt zu schaffen. Dann war es auch die gute „Mischung“ von Wasser – Grün für Alle – Sport , Spiel und Schule mit der angrenzenden, sich ausweitenden  Bebauung zu schaffen. Dazu kam die neue, gute Anbindung an den ÖNPV und nicht zuletzt der wunderbare Hintergrund des Schwarzwaldes.

Welche Bilanz ziehen Sie heute nach 30 Jahren?

Entstanden ist ein Zukunftsträchtiger Park  in der Nähe der Stadt, mit seiner Bekanntheit über die Ländergrenzen hinweg. Wie wahr ist  der Spruch auf der Tafel an der „Stehle“ von Lina Ritter: “Worum trennt uns e Rhi? Ass mir zeige chenne, Wie me Brucke bäut”.

Vielen Dank, Herr Utz, für dieses Gespräch. Vielleicht treffen wir uns mal bei einem zufälligen Rundgang in unserem schönen Park.